Gesetzliche Krankenversicherung

Die gesetzliche Krankenversicherung (kurz GKV) wurde 1883 erstmals von Bismarck eingeführt und ist ein Sektor des Sozialversicherungssystems. Seit dem ersten April 2007 besteht in Deutschland eine generelle Versicherungspflicht. In Deutschland sind derzeit ca. 87 Prozent Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung. Im Gegensatz zur privaten Krankenversicherung (siehe unten), müssen alle Versicherten den gleichen Beitragssatz zahlen, da dieser vom Staat vorgegeben ist. Der komplette Beitragssatz liegt seit Juli 2009 bei 14,9 Prozent. Die jeweilige Versicherungssumme ist dabei vom individuellen Einkommen des Versicherten abhängig. Momentan muss der Arbeitnehmer 7,9 Prozent seines Brutto-Gehalts für die GKV abführen. In der Regel zahlt der Arbeitgeber den anderen Teil des Beitragssatzes. In diesem Beitragssatz ist zudem eine Umverteilungskomponente integriert, durch die die Versicherung von Geringverdienern und beitragsfrei Versicherten ermöglicht werden kann.

Die GKV folgt hierbei dem Solidaritätsprinzip, was bedeutet, dass jeder Versicherte von den anderen einsteht. Additiv können bei einigen Krankenkassen Zusatzbeiträge erhoben werden, die ausschließlich vom Versicherten zu tragen sind. Diese betragen bei den meisten Unternehmen einen monatlichen Betrag von acht Euro. Im Gegensatz zur PKV werden bei der GKV keine Altersrückstellungen gebildet. Außerdem ist die GKV gegenüber der demografischen Entwicklung nicht abgesichert, wodurch in Folge der Alterung der Gesellschaft mit immer höheren Beiträgen zu rechnen ist.

Versicherungspflicht

Im Zuge der Gesundheitsreform im Jahre 2007, besteht seit dem ersten April 2007 erstmals in Deutschland eine generelle Versicherungspflicht. Die Versicherungspflicht besteht insbesondere für Arbeitnehmer, deren Gehalt bestimmte Grenzen nicht überschreiten, für Bezieher von Sozialleistungen (Arbeitslosengeld, Rente etc.), für Studierende und für Familienangehörige von Pflichtversicherten. Zudem können sich die gesetzlich Versicherten erstmalig zwischen sechs Wahltarifen entscheiden. Die Mindestbindungsfrist beträgt dabei drei Jahre.

Wie bereits einleitend erwähnt, ist die Versicherungspflicht vom Einkommen abhängig. Hierfür gibt es eine bestimmte Jahresentgeltgrenze (JAEG), die 2010 bei monatlich 4162,50 Euro liegt und auf das Jahr gerechnet bei 49,950 Euro. Sofern der Verdient des Versicherten oberhalb dieser Grenze liegt, hat er die Wahl, ob er anstatt der GKV eine private Krankenversicherung abschließt. Diese Befreiung von der GKV gilt jedoch erst dann, wenn das jeweilige Gehalt die JAEG mindestens in den letzten drei Kalenderjahren überschritten hat und zudem davon auszugehen ist, dass dies auch in den Folgejahren der Fall sein wird. Die Festlegung der JAEG erfolgt durch die Bundesregierung und wird jedes Jahr an die Entwicklungen der Arbeitsentgelte angepasst.
Abzugrenzen ist die JAEG von der Beitragsbemessungsgrenze. Diese bezeichnet eine bestimmte Einkommensgrenze, oberhalb derer das Gehalt beitragsfrei bleibt. Das bedeutet, dass nur das Einkommen unterhalb dieser Grenze versicherungspflichtig ist. Für das Jahr 2010 liegt die monatliche Grenze bei 3750 und jährlich bei 45000 Euro.

Bis zum Jahre 2003 entsprach die JAEG der der Beitragsbemessungsgrenze. Um den Kreis der gesetzlich Versicherten jedoch zu erweitern, wurden die Grenzen ab 2003 erstmals aufgespalten, wobei die JAEG signifikant höher liegt.

Ein Beitritt in die GKV kann bestimmten Personen jedoch auch verwehrt bleiben. Dabei handelt es sich um Selbstständige, Beamte, Asylbewerber und Sozialhilfeempfänger, die bis dahin keine Pflichtversicherung abgeschlossen haben. Des Weiteren ist ein Wechsel zurück von der PKV in die GKV ein schwieriges Unterfangen.

Leistungsumfang einer gesetzlichen Krankenversicherung

Der Umfang der Leistungen der GKV ist im Fünften Buch des Sozialgesetzes (SGB V) festgeschrieben und gelten demnach für alle Versicherten gleichermaßen. Die Versicherungsleistungen werden hierbei in Form von Sachleistungen erbracht. Zur Abrechnung und Dokumentation erhält der Versicherte eine Versichertenkarte, die bei allen Arztbesuchen vorgelegt werden muss. Prinzipiell können die Leistungen folgendermaßen unterteilt werden:

  • Leistungen zur Verhütung von Krankheiten (z.B. Suchtprävention),
  • zur Früherkennung von Krankheiten (z.B. Kinderuntersuchung),
  • zur Behandlung von Krankheiten (z.B. zahnmedizinische Behandlung)
  • und zur medizinischen Rehabilitation (z.B. Abwenden einer bevorstehenden Behinderung) .

In einigen Fällen sind jedoch Selbstbeteiligungen des Versicherten zur Behandlung erforderlich. Dies gilt z.B. für die Zuzahlung bei Arznei-, Verband- und Heilmitteln, die in der Regel 10 Prozent der Kosten umfasst, jedoch mindestens fünf und höchstens zehn Euro. Die Zuzahlungen sollen zum einen dafür sorgen, dass die Beiträge vergleichsweise gering gehalten werden können und zum anderen motivierend auf die Versicherten wirken, einen gesunden Lebensstil zu führen. Empirische Beweise hierfür gibt es nicht. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass Menschen bei drohenden Zuzahlungen auf den Gang zum Arzt verzichten und Krankheiten somit verschleppt werden. Das Resultat hieraus sind schwerwiegende Folgeerkrankungen, deren Behandlungen das System weitaus mehr belasten.
Des Weiteren muss man bei dem erstmaligen Arztbesuch in jedem Quartal eine Praxisgebühr von zehn Euro entrichten. Alle weiteren Untersuchungen in dem Quartal sind diesbezüglich kostenlos. Hierfür benötigen sie eine Überweisung vom zuletzt behandelnden Arzt. Gleichwohl wird hier zwischen zahnärztlichen und anderen ärztlichen Untersuchungen unterschieden. Demnach können sie sich z.B. nicht vom Orthopäden zum Zahnarzt überweisen lassen, was auch umgekehrt zutrifft und bedeutet, dass sie in diesem Fall 20 Euro für das Quartal entrichten müssen. Bei Vorsorgeuntersuchungen, notwendigen Impfungen und allgemeinen zahnärztlichen Kontrollen entfällt die Praxisgebühr. Darüber hinaus müssen bei etwaigen stationären Aufenthalten pro Kalendertag zehn Euro dazu gezahlt werden, wobei die jährliche maximale Grenze bei 28 Tagen liegt.

Sofern der Versicherte nicht in der Lage ist seine Beiträge zu zahlen, darf ihm seitens der GKV nicht gekündigt werden. In diesem Fall muss das Sozialamt für die Bezahlung aufkommen. In Ausnahmefällen können die ausstehenden Beiträge auch ermäßigt oder ganz erlassen werden. Zu beachten ist dabei, dass der Versicherte nicht das Anrecht auf den gesamten Leistungskatalog hat. Dieser tritt erst wieder in Kraft, wenn die Rückstände nachgezahlt wurden.

Das Kostenerstattungsprinzip

Das Kostenerstattungsprinzip ist nicht gleichzusetzen mit der Übernahme der Kosten. In der Regel herrscht bei der GKV das Sachleistungsprinzip. Dabei erhält der Versicherte seine Leistungen in Form von medizinischen Sachleistungen (Diagnose, Behandlung etc.), für die keine Rechnungen fällig werden.

Seit dem ersten April 2007 kann jeder Versicherter zusätzlich zwischen dem Kostenerstattungsprinzip wählen. Hierbei erfüllt die GKV ihre Leistungspflicht in Form von Geldbeträgen, durch die die Ausgaben des Versicherten gedeckt werden. Der Versicherte wird nach der amtlichen Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) bzw. der Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ) behandelt und bezahlt die Rechnungskosten direkt an den jeweiligen Arzt. Durch die Krankenkassen werden danach lediglich die Beträge erstattet, die im Rahmen der Kassen-Gebührenordnung gezahlt worden wären. Außerdem wird, je nach Krankenkasse, eine fünf- bis zehnprozentige Pauschale für den Verwaltungsaufwand fällig, die vom erstatteten Betrag abgezogen werden.

Problematisch bei dem Kostenerstattungsprinzip ist die Tatsache, dass die Patienten einen Teil der Kosten selbst tragen und die Ärzte aufgrund dessen auch unnötige Behandlungen durchführen und abrechnen könnten. Nachteilig für die Ärzte ist die Behandlung insolventer Patienten, bei denen sie keine Bezahlung erwarten können.

Übernahme der Kosten

In besonderen Fällen können die Versicherten sich die Kosten von der Krankenkasse erstatten lassen. Dies gilt zum einen bei Versicherten, deren individuelle Belastungsgrenze bereits im laufenden Kalenderjahr überschritten wird. In diesem Fall kann man sich von seiner Krankenkasse eine Bescheinigung erteilen lassen, die einen von weiteren Zuzahlungen im laufenden Kalenderjahr befreien. Die allgemeine Belastungsgrenze liegt bei zwei Prozent vom jährlichen Bruttolohn. Bei chronischen Kranken, die in Folge ihrer Erkrankung in Dauerbehandlung sind, beträgt sie ein Prozent vom jährlichen Bruttolohn.

Die Kostenübernahme von Leistungen, die nicht im Normkatalog der GKV enthalten sind, ist individuell unterschiedlich. Eine Brustverkleinerung stellt beispielsweise keine generelle medizinisch notwendige Operation dar, kann aber gleichwohl von der Krankenkasse bezahlt werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden, wie z.B. physische und/oder psychische Belastungen. In diesem Fall folgt eine Untersuchung durch den jeweiligen Amtsarzt, der die medizinische Indikation des Eingriffs feststellen soll.

Krankenkassenwechsel

Grundsätzlich kann jeder Versicherte frei zwischen den gesetzlichen Krankenkassen wählen. Für einen Wechsel muss man jedoch mindestens 18 Monate Mitglied der jeweiligen Krankenkasse gewesen sein, damit eine Kündigung rechtskräftig ist. Die Kündigungsfrist beträgt hierbei zwei Monate. Ein zweimonatiges Sonderkündigungsrecht hat der Versicherte, wenn die Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben, wobei es von keiner Relevanz ist, ob der Beitrag in Folge einer Fusion zu Stande gekommen ist oder aufgrund der wirtschaftlichen Lage. In allen diesbezüglichen Fällen steht es dem Versicherten frei, die Krankenkasse zu wechseln. Die Kündigung kann dabei formlos erfolgen und ohne die Nennung der Gründe. Danach ist ihre Krankenkasse dazu verpflichtet, ihnen nach spätestens 14 Tagen eine Kündigungsbestätigung zu senden. Diese muss dann mit dem Antragsformular der neuen Versicherung an selbige versandt werden.

Ungeachtet dessen muss die gewählte Krankenkasse für den Hauptwohnsitz oder den Arbeitsort geöffnet sein. Hierzu gehören alle Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKn), die Ersatzkassen, wie z.B. DAK oder TECHNIKER, die geöffneten Betriebskrankenkassen (BKKn) sowie die Innungskrankenkassen (IKKn).

Vorteile der Gesetzlichen Krankenversicherung

Wie Sie auf diesem Ratgeber-Portal nachlesen können, hat die Gesetzliche Krankenversicherung ihre Vor- und Nachteile. Im Folgenden führen wir die wesentlichen Vorteile einer Mitgliedschaft in einer der Gesetzlichen Krankenversicherung auf:

Wenn Sie als Patient von Ihrer Gesetzlichen Krankenversicherung in eine andere wechseln möchten oder in eine Private Krankenversicherung, gibt es üblicherweise keine Wartezeiten. Einer der größten Vorteile, auch gegenüber den Privaten, ist die kostenfreie Mitversicherung von Ehepartnern und Kindern, sofern diese ohne eigenes Einkommen sind.

Auch bei längerer Krankheit über sechs Wochen gibt es keine Beitragszahlungspflicht. Es gibt in bestimmten Fällen Krankengeld bei einer Arbeitsunfähigkeit und Erkrankung eines Kindes nach einer Krankenbehandlung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Haushaltshilfe gestellt und bezahlt werden.

Es gibt spezielle Angebote wie Vorsorgekuren für Mütter oder Mutterschaftsgeld, allerdings variieren diese Angebote stark. Die Gesetzlichen Krankenversicherung rechnen direkt mit den Ärzten und Krankenhäusern ab. Es gibt zudem sogenannte Härtefallregelungen für sozial Schwache. Beim Sozialgericht ist eine kostenlose Klage gegen Widerspruchsbescheide einer Krankenkasse möglich.

Ob die hier genannten Vorteile höher zu gewichten sind als die Nachteile, müssen Sie für Ihre individuelle Situation selbst recherchieren und gegebenenfalls die Versicherung wechseln.

Nachteile der Gesetzlichen Krankenversicherung

Natürlich hat auch die Gesetzliche Krankenversicherung nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Im Folgenden führen wir die wichtigsten Nachteile der GKV auf.

Es gibt keine individuelle Gestaltung des persönlichen Versicherungsschutzes und die Wahl des Tarifs ist eingeschränkt beziehungsweise existiert nicht. Die Beitragsgestaltung ist einkommensabhängig und nicht beeinflussbar. Singles mit hohem Einkommen sind wegen vergleichsweise hoher Beiträge benachteiligt.

Oft gibt es Bindungen an eine Gesetzliche Krankenkasse von bis zu 18 Monaten, wenn man einmal vertraglich gebunden ist. Die Behandlung erfolgt „nur“ durch Kassenärzte, Vertragsärzte und Zahnärzte. Im Krankenhaus genießt der Patient ausschließlich die Regelleistungen.

Bei Auslandsaufenthalten gibt es keine beziehungsweise nur eingeschränkte Leistungen. Rücktransporte aus dem Ausland bei einem Unfall oder einer Krankheit gehören nicht zu den üblichen Leistungen einer Gesetzlichen Krankenversicherung.

Für Medikamente sowie Heil- und Hilfsmittel müssen die Patienten zuzahlen. In den ersten 14 Tagen eines Krankenhausaufenthaltes muss der Patient ebenfalls einen bestimmten Betrag zuzahlen. Transportkosten werden nicht oder nur anteilig übernommen. Heilpraktiker-Leistungen werden nicht von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Beim Zahnersatz sind die Zuzahlungen recht hoch.